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Rainer Mörk

"Rainer Mörks Arbeiten sind farbgewaltige Bilder, die in ihrer Ausstrahlungskraft von raumgreifender Wirkung sind.

Die Farben werden von Rainer Mörk sicher und präzise gesetzt, fließen dann entsprechend ihrer eigenen Gesetzmäßigkeit, in die der Künstler durch Eingrenzung und somit Formgebung eingreift,

um sie zu einer artikulierten Ganzheit reifen zu lassen.

Die vermeintliche Gegensätzlichkeit von intuitivem Farbfluss und bewusster Formgebung, geben 

den Bildern von Rainer Mörk ihren unverwechselbaren Reiz.

Einige Bilder bestehen aus lebendigen klar gegliederten Farbstreifen, andere Bilder sind geprägt von gegenständlichen Formen, die jedoch dem Gesamtbild in Struktur, Komposition und Farbgebung untergeordnet sind.

Der Gegenstand ist nicht als Motiv, vielmehr als Träger einer kompositorischen Idee zu verstehen.

Insgesamt beeindruckt das untrügliche Farbgefühl von Rainer Mörk, in dessen harmonische, positive Farbwelt der Betrachter gerne eintaucht und sich tragen lässt."


Irmgard Pricker

April 2019




Katalog 2005

Rainer Mörk siedelte sich in Hannover an, in einer Stadt, die in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts durch die Künstlergruppe der <Abstrakten Hannover> mit Kurt Schwitters und Carl Buchheister in der deutschen Kunstszene ihren Platz fand. Seine Wurzeln hat er jedoch im baden-württembergischen Leonberg. Dort konnte er sich in der Schule des Konstruktivisten Max Schmitz, der in dritter Generation von Stankowski die Natur in drei Gesetzmäßigkeiten aufteilt und diese in Stahl umsetzt, vornehmlich in der Welt der Abstraktion üben.

Doch unter der Lehrerschaft von Ulrich Baehr in Hannover entwickelte Mörk in den 90er Jahren eine eigenständige unverwechselbare Kunstsprache heraus.


Sein Weg zur Malerei verlief sehr geradlinig. Während andere Künstler ihre Kunstsprache über mehrere Gattungen ausdehnen und sich sowohl malerisch als auch bildhauerisch ausdrücken, bleibt Rainer Mörk der Malerei und der Welt der Farbe verpflichtet. Bereits in der Schule zeichneten sich sein Bilder durch die Vereinnahmung der gesamten Palette sowie durch ein feinsinniges Suchen nach Farbnuancen aus. Wie seine Bilder der späten 90er Jahren bereits aufzeigen, hat Rainer Mörk die Suche nach den feinen sensitiven Abstufungen der Farben bis zur Meisterschaft betrieben. Mörks Malerei lässt sich dabei nicht als narrativ in einem Geschichten erzählenden Sinne definieren. Vielmehr geht es um den Aufbau von Atmosphäre, von Räumen hinter der gelebten Realität.

„Gelbes Haus“ von 1998 lässt inmitten des tiefen violett-blauen Farbraumes ein dominantes gelbes konturiertes Haus erstehen. Weitere Häusersymbole im Haus eröffnen auf surreale Weise einen Einstieg in dahinter liegende Räume und Welten. Da das gelbe Haus gleichfalls von den fließenden Farbräumen durchzogen wird, folgt der Betrachter leichtfüßig den inneren Erkenntniswegen. Die vermeintlich starren Koordinaten des Hauses werden malerisch aufgebrochen durch sich vermischende Farbräume, gleichfalls bieten sich die kleineren Häuserschablonen als Türen in die Wirklichkeit, die hinter der Realität liegt , an.


Rainer Mörk hat nie eine explizite Entscheidung für die Gegenständlichkeit oder gegen die Abstraktion getroffen. So gibt es auch abstraktere Arbeiten, wie beispielsweise „Ohne Titel“ von 2004 (S. 58). Die zentralen neun Rechtecke in den dunkel nuancierten Primärfarben Blau, Gelb, Rot flankiert von ihren Sekundärfarben eröffnen Fenster zu einer Formensprache voller Geheimnisse. Allein der Betrachter ist aufgefordert, sich in die Welten der linearen Zeichen und schwebenden Urformen zu begeben.

Die Farbbilder Mörks faszinieren durch eine gefühlsmäßige Stilisierung von Wirklichkeit. Er treibt seine Wirklichkeit ins Phantastische, Abenteuerliche oder Geheimnisvolle.

Der erste Eindruck, den der Betrachter erhält, ist bestimmt vom intensiven Licht und einer prägnanten, fast zeichenhaften Grundarchitektur, wie es auch das Werk „Venedig“ von 2003 aufweist. Erst auf den zweiten Blick erschließt sich alles andere. Als Betrachter ist man fasziniert von der Möglichkeit des imaginären Eindringens in die vermeintlich begehbare Zweidimensionalität. Aber auch die Bildordnung, Architektur, Heterogenität, die Spielerei mit Möglichkeiten, Dominanz, Proportionen, Farbbrillanz, das Darstellen von Licht sind signifikante Momente des künstlerischen Schaffens.

Die Häuserreihen in „Venedig“ erscheinen zunächst austauschbar in Form und Ausrichtung, werden jedoch durch die farbige Akzentuierung der Häuserfronten und durch die eingesetzte zeichenhafte Symbolik zu einem Kommunikator für den Betrachter. Bei näherem Hinsehen scheinen die Häuser scheinbar überzogen von einem wässrig blauen Schleier mit dem Hintergrund eins zu werden, gleichsam ins Meer zu tauchen. Die flächige Erscheinung der Häuser entwickelt sich für den Betrachter durch seine eigene Körperlichkeit zum Resonanzraum, zur Öffnung für die Geschichte hinter der Fassade.

Im Bild „Sixpack Häuserboot“ von 2004 sind sechs Häuser in den Farben des Farbkreises etwas erhöht in dem fiktiven Boot zu sehen. Die flächige Darstellung mit der intensiven Farbigkeit suggeriert etwas Symbolhaftes. Die Zeichen und Symbole des Bootes oder der Häuser werden von der Gesellschaft zwar schon inflationär verwendet, doch ist es gerade der scheinbar vertraute Kanon der Bildgestaltung, der den Zugang zum Bild ebnet. Die Gemeinschaft der sechs Individuen auf kleinstem Raum, sitzen hier gleichsam in einem Boot auf hoher See, erregt in ihrer formalen Einfachheit Sympathiewerte.


Rainer Mörk ist kein Abstrakter im eigentlichen Sinne. Vielmehr nähert er sich der Realität auf verschlungenen Pfaden. Mit der Intensität der Farben, der surrealen Bildarchitektur bringt er die Seele zum Sprechen. Von der Oberfläche eines architektonischen Elements dringt er in die Tiefen des Bildraums. Übermalungen oder Schichtungen schlagen in ihrer Wirkung um und liefern dem Betrachter die Ebenen der Imagination. Auch wenn die Bildwerke den Betrachter auf den Weg in sein Innerstes begleiten, so sind die Bilder auch immer noch der Ausdruck des Innersten des Künstlers Rainer Mörk. Aus diesem Grund sind sie wahr.


Dr. Andrea Wolter-Abele

Kunsthistorikerin, Galeristin


Rainer Mörk

„Ornament ist Verbrechen“- dieses Verdikt von Adolf Loos, 1910 ursprünglich gegen den Jugendstil gemünzt, würde heute heftigen Widerspruchauslösen, da viele Künstler auf der Suche nach der „autonomen“ Malerei mit Streifen, Mustern, Rastern experimentieren.Rainer Mörk, mit einer ausgeprägten Begabung für eine kraftvolle, kontrasreiche Farbigkeit ausgestattet, tut etwas Ähnliches, mit dem zusätzlichen Interesse für die raumschaffende Wirkung von Farbe.


Eine Zeitlang hat er z.B. farbige Objekte angefertigt, denen Grundrisse von Architekturen zugrundelagen. Ein derartiges geometrisches Zeichensystem war auch der Ausgangspunkt für seine gewitzte topografische Inszenierung im Stadtgebiet Hannovers 1991, wo er das Koordinatenraster des Stadtplanes mit blauen Markierungskreuzen auf den realen Stadtraum übertrug. Ein unermüdlicher Experimentator, beschäftigt er sich inzwischen mit Bildserien, in denen er farbige Gitter übereinanderlegt, so daß untere Schichten wir durch Fenster sichtbar werden.



Daß sich bei der Vielfalt der Varianten weder Langeweile noch Überdruß am Dekorativen einstellen, dafür sorgen immer wieder überraschende Brüche im System und reizvolle Kollisionen der unterschiedlichen malerischen Textur, die er durch das Aufeinandertreffen von Lacken und wasserlöslichen Substanzen erzielt. Auch das plastische Element kommt wieder zur Geltung, wenn er den Gitterstrukturen reliefartige, kurvige Ornamente unterlegt, die wie Kraftlinien die Farbschichtung in Schwingung versetzen.


Prof. Ulrich Baehr

Meisterschülerkatalog 1994, Fachhochschule Hannover

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